Der Haustyp der Görlitzer Patrizier: Das Zentralhallenhaus

20. März 2016 | Von | Kategorie: Sehenswürdigkeiten
Schönhof auf dem Untermarkt in Görlitz; Foto: Frank-Peter Funke

Schönhof auf dem Untermarkt in Görlitz; Foto: Frank-Peter Funke

Das Zentralhallenhaus ist der Haustyp, den die reichen Bürger und Kaufleute zusammen mit ihren Baumeistern für ihre Stadt Görlitz ent­wickelten. Dieser Haustyp wurde in der Spätgotik zur Blüte geführt. Die Gesamtheit der Gebäude, die sich um den Untermarkt gruppieren, bilden ein städtebauliches Kunstwerk.

Das Zentralhallenhaus hat den Anspruch eines Handelshauses in Verbin­dung mit einem Wohngebäude. Es wurden Raumformen entsprechend ihrer Nutzung entwickelt, die einen hohen baukünstlerischen Anspruch haben.

Die Giebelachsen befanden sich im Mittelalter zur Straßenseite.

Durch die Lauben, das sind aus Gewölben bestehende Vorhallen des Erdgeschosses, kommt man in die Eingangshalle, die anderthalb Geschos­se hoch ist und oft die gesamte Hausbreite überspannt. Die Eingangs­hallen waren im 13. /14. Jahrhundert mit gestalteten Holzbalkendecken versehen und wurden im 15. Jahrhundert mit Kreuzgratgewölben ausge­stattet.

Die Eingangshalle ist meist quadratisch und diente als Verkaufsraum, vom dem die Lagergewölbe und Kontore (heute Büro genannt) abzweigten. Der Hausherr saß am Eingang eines Kontors auf einer Art Balkon, wo er das Geschehen gut überblicken konnte.

Die Eingangshalle mündete in eine gewölbte Hausdurchfahrt, von wo die oft mehrgeschossigen, als Tonnengewölbe ausgebildeten Keller abzweig­ten. Die Hausdurchfahrt führt in den Hof, wo sich die Pferdeställe und Wagenremisen befanden. Da die meisten Patrizier im Besitz des Brau­rechtes waren, hatten sie nicht selten im Hinterhof ein Brauhaus und eine Dache, auf der der Hopfen aufbewahrt wurde.

Durch die Höhe der Eingangshalle waren Vorderhaus und Hinterhaus um eine halbe Etage verschoben. Zwischen diesen Etagen vermittelte die Zentralhalle, zugängig über eine repräsentative Treppe. In dieser Zentralhalle empfing der Hausherr seine Gäste, und von hieraus zweig­ten auch die die Wohnräume ab.

Für die Festlichkeiten gab es in diesen Gebäuden einen Festsaal, heute allgemein als Renaissancesaal bezeichnet. Er besitzt drei Fensterach­sen mit Fenstersitznischen und Fensterpfeilern und hat oftmals bemalte Holzbalkendecken oder Kassettendecken mit Intarsien. Der Festsaal ist das Herzstück des Hauses und führt die öffentlichen und privaten Lebensbereiche zusammen.

Auch die Wohnräume der Obergeschosse sind meistens besonders gestal­tet, man findet Stuckdecken oder bemalte Holzdecken.

Einige Görlitzer Patrizierer konnten sich ihre eigene Hauskapelle leisten, einen Raum, der durch besondere Gewölbeformen und Bemalungen hervorgehoben wurde.

 

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